Auszüge meiner Reden

Reden wie das Leben …

Rahmen Blau - Dekoelement

LIESE

Ihre Tochter weiß: L. hat das Beste aus ihrem Leben gemacht.
Und ihre Schwägerin ergänzt: L. war mit ihrem Leben zufrieden.
Ist das nicht großartig? Im Frieden sein mit seinem Leben?

L. hat sich ihr Leben aus vielen kleinen einzelnen bunten Stoffteilen zu einem großen, großartigen Patchwork-Leben gestaltet.
L. hat nicht nur Kleidungsstücke umgemodelt und verbessert.
L. hatte die Gabe, sich und ihr Leben immer wieder neu zu erfinden und neu zusammenzupuzzlen.

Wenn das Leben ihr kein großes Stück Glück gab, hat sich L. einfach aus vielen kleinen unterschiedlichen Glücksmomenten ein großes Ganzes erschaffen.
Ein Patchwork waren auch die kleinen Geschenke – die kleinen Sträußchen, die sie immer am Wegesrand pflückte oder aus dem Garten erntete.
Dann band sie Margeriten, Klatschmohn, Kornblumen oder Ringelblumen aus ihrem eigenen Garten kunterbunt zu einem Stück Glück zusammen – und verschenkte diese.

So nehmen wir heute Abschied von L., die uns allen vorgemacht hat, dass wir unser großes Lebensglück nicht an fehlende Stücke hängen sollten, sondern immer wieder schauen dürfen, was mit kleinen bunten Stoffstücken oder Lebensabschnitten alles möglich ist – und was wir Wunderschönes gestalten können.

Wir verabschieden uns heute von L., einer Frau, die uns gezeigt hat, wie man aus den Bruchstücken des Lebens ein großes Ganzes macht.
Die aus Stoffresten ein Meisterwerk schuf, aus kleinen Glücksmomenten ein erfülltes Leben.

L. hat uns ein Vermächtnis hinterlassen: den Mut, kreativ und stark zu sein.
Erinnern wir uns an sie, wenn wir etwas Neues schaffen, wenn wir Probleme lösen oder wenn wir einfach nur lachen.

Nehmen Sie heute gerne ein Stück Stoff mit – als Erinnerung an L.s Patchwork-Leben.
Und wenn Sie es betrachten, denken Sie daran, wie sie aus jedem unscheinbaren Flicken etwas Großartiges, Schönes machte.

HERMINE

Nach einer nicht geglückten Augen-OP verlor sie fast ihr Augenlicht – aber blieb stark und stur.

Denn wenn H. etwas partout nicht wollte, war sie stur wie ein Esel und hat sich mit ihren symbolischen vier Hufen gewehrt.

Allerdings war ihre Schwerhörigkeit äußerst unzuverlässig für ihre Liebsten: Wenn sie etwas nicht hören sollte, konnte man sich darauf verlassen, dass sie alles mitbekam…
Dann rief sie aus voller Kehle: „Das hab ich gehööört!“

H. war echt eine Marke.
Geprägt von ihren Lebensereignissen, wusste sie genau, was sie wollte – und das bitte möglichst sofort und zack zack!

Als diese charakterstarke Frau nun pflegebedürftig wurde, hat sie erneut das Strickmuster ihres Lebens geändert und einfach ein paar Maschen fallen lassen – und zog in das Altenzentrum um.

Sie fühlte sich dort pudelwohl und genoss es, von den „Stewards“ – wie sie die Pfleger nannte – umsorgt zu werden.

Heute nehmen wir Abschied von H. – einer Frau, die sich ihr Leben Masche für Masche zurecht gestrickt hat.
Dunkles wechselte mit Hellem. Dünner, brüchiger Faden mit dicker, fester Wolle. Seltsame, einzigartige Muster entstanden… auch hübsche. So war ihr Leben.

H. konnte nicht immer ihre Gefühle ausdrücken oder ihren Liebsten zeigen –
aber webt sich durch eure bleibenden Erinnerungen an H. ein liebevoller, unsichtbarer Faden von ihr zu euch.

Eure Erinnerungen sollen sich wie viele bunte Fäden in euren Herzen verknoten und ein schönes Muster ergeben.

Liebe H.,
zwei rechts, zwei links, zwei fallen lassen …
Nun sind die Maschen deines Lebens abgekettet und deine Lebensgeschichte von den Stricknadeln genommen.

NICO

Liebe Jungs,

Der letzte Gang eures Papas – war mit Gas, nicht mit Bremse.

Heute sind seine Freunde mit Quads gekommen. So hätte es N. gewollt.
Kein Schwarz, sondern Erinnerungen in Bunt.
Kein stilles Trauern, sondern eine Kistenparty mit Grillen, die das Leben feiert, das er hatte.

Und ja, wir trinken heute Friesengeist –
auch wenn er schmeckt wie Nagellack.
Weil er dazugehört. Weil man ihn trinkt, wenn man dazugehören will.
Weil es euer Familiending ist. Und weil der Anlass nicht besonderer sein könnte.

Und jetzt, liebe Jungs, merkt euch:

Euer Papa war ein Held auf vier Rädern.
Einer, der geliebt hat wie ein Rennwagen Gas gibt:
schnell, direkt und mit voller Kraft.

Er hat Spuren hinterlassen – nicht nur auf der Straße,
sondern in euren Herzen.

Und wenn ihr mal nicht wisst, wohin ihr fahren sollt,
dann denkt daran, was er gesagt hätte:

„Immer zur Familie. Denn da liebt man tiefer, breiter, lauter – aber mit Herz, Jungs. Immer mit Herz.“

Euer Papa passt jetzt von oben auf euch auf.
Und wenn irgendwo ein Motor brummt, dann wisst ihr: Das ist er.

Ende der Gute-Nacht-Geschichte – aber niemals das Ende der Liebe.

UDO

Doch so groß sein beruflicher Ehrgeiz war, so bescheiden und liebevoll blieb er privat.

U. verlangte nie viel für sich selbst, sondern gab alles für andere.

Als die Demenz ihn mit nur 58 Jahren aus dem Berufsleben zwang, wurde seine Familie zu seiner Stütze – so wie er immer die ihre war.

Diese Krankheit war eine große Herausforderung – für ihn und für seine Familie. Doch gemeinsam trugen sie diese Last. Jeder half auf seine Weise, auf seine Art und so wie er konnte. Stück für Stück trugen sie ihn.

Das erinnert mich einerseits an U.s Lebens-Einstellung:
„Erstmal ruhig bleiben, das gucken wir uns erstmal an.“

Und andererseits an Beppo den Straßenkehrer aus der Geschichte von Momo, aus der ich kurz erzählen mag – falls Sie diese nicht kennen: (…)

Genauso wie Beppo der Straßenkehrer,
hat U. der Straßenbauer sein Leben gelebt
und diese Maxime an seine Söhne weitergegeben.

Heute feiern wir U.s Leben und seinen Nachlass –
und sicher ist diese Lebenshaltung eine, von der wir auch in Zukunft profitieren können.

Ich habe hier kleine Besen als Symbol für Sie,
die Sie sich gerne am Ende mitnehmen dürfen,

sollten Sie einmal eine Erinnerung an Ihren U. benötigen –
oder daran, sich nicht zu eilen, sondern:
„Erstmal ruhig zu bleiben.“

Besenstrich für Besenstrich …